Seit fast einem Jahrzehnt läuft Pokémon GO auf Millionen Smartphones – und kaum ein Update sorgt so regelmäßig für Aufruhr wie größere Systemänderungen. Nun hat Niantic das Level-System des Spiels grundlegend überarbeitet. Das bisherige Maximum von Level 50 wird auf Level 80 angehoben, die gesamte XP-Kurve neu justiert. Offiziell will das Studio das Spiel damit „belohnender und flüssiger“ machen. Doch die ersten Reaktionen der Community zeigen: Der Schritt sorgt nicht nur für Begeisterung.
Ein Update mit großen Zielen – und noch größeren Folgen
Als Niantic die Änderung ankündigte, klang es zunächst nach einem Schritt in die richtige Richtung. Viele Spielerinnen und Spieler hatten seit Jahren das Höchstlevel erreicht, XP gesammelt, ohne dass sie dafür noch Fortschritt sahen. Das neue System verspricht: schnelleres Aufsteigen, häufigere Belohnungen, mehr Motivation. Erfahrene Trainer sollen durch ihre bisher gesammelten Punkte sogar automatisch auf höhere Level eingestuft werden.
Doch so reibungslos, wie Niantic es geplant hatte, lief der Übergang nicht. Kurz nach dem Rollout häuften sich in den Foren Beschwerden: Manche Accounts hatten plötzlich fehlerhafte XP-Werte, andere erhielten keine Level-Up-Belohnungen. Besonders ärgerlich: Spieler, die mühsam bestimmte Aufgaben abgeschlossen hatten – etwa die früher obligatorischen „Level-Up Research“-Quests zwischen Level 41 und 50 – sahen ihre Mühen entwertet. Diese Missionen wurden ersatzlos gestrichen, um Platz für neue ab Level 71 zu schaffen.
Auf Reddit und in Discord-Gruppen war schnell von einem „XP-Chaos“ die Rede. Viele fühlten sich um ihre Fortschritte betrogen. „Ich hab wochenlang an den Aufgaben für Level 49 gearbeitet – und jetzt war’s das einfach“, schrieb ein Nutzer im Subreddit r/TheSilphRoad. Andere kritisierten, dass das Balancing nun völlig durcheinander sei: Während Neulinge deutlich schneller aufsteigen, hätten Veteranen kaum noch spürbare Vorteile.
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Niantic versucht Schadensbegrenzung
Dass die Kritik ernst zu nehmen ist, scheint auch Niantic erkannt zu haben. Bereits wenige Tage nach dem Start des Updates veröffentlichte das Unternehmen mehrere Hotfixes und ein Statement, in dem es versprach, „unbeabsichtigte Effekte bei der XP-Neuberechnung“ zu beheben. Inzwischen wurde bestätigt, dass keine Spieler:innen XP verlieren – im Gegenteil: Wer aufgrund der neuen Berechnung eigentlich in ein höheres Level aufsteigen müsste, erhält das nachträglich gutgeschrieben.
Auch bei den Belohnungen rudert Niantic zurück. Einige exklusive Items, die eigentlich an die alten Level-Aufgaben gebunden waren, sollen nachträglich freigeschaltet werden. Dazu gehören kosmetische Outfits und Medaillen, die bei vielen als Prestigeobjekte galten. Der Hersteller kündigte außerdem an, in den kommenden Wochen ein „XP Appreciation Event“ zu starten – mit doppelten Erfahrungspunkten, besonderen Raids und Boni für Veteranen.
Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack. Die Level-Erweiterung mag spielerisch sinnvoll sein – sie sorgt wieder für Ziele, Motivation und Wettbewerb –, doch sie zeigt auch, wie dünn das Vertrauen vieler in Niantic inzwischen geworden ist. Schon frühere Änderungen, etwa bei den Fern-Raids oder Event-Boni, hatten Teile der Spielerschaft verärgert. Immer wieder wurde der Eindruck laut, dass Niantic zu wenig auf Feedback höre.
Ein Balanceakt zwischen Nostalgie und Neuanfang
Dabei ist das eigentliche Ziel durchaus nachvollziehbar. Pokémon GO hat in den letzten Jahren versucht, neue Spieler zu gewinnen und gleichzeitig Veteranen zu halten – ein schwieriger Spagat. Wer erst 2025 einsteigt, soll nicht das Gefühl haben, eine unüberwindbare Lücke zu den alten Hasen zu haben. Die Neugewichtung der XP-Kurve ermöglicht es, schneller sichtbar Fortschritt zu machen. Gleichzeitig bleibt für erfahrene Trainer mit den neuen Levels 51 bis 80 wieder ein echtes Ziel am Horizont.
Die Herausforderung für Niantic liegt nun darin, diesen Neustart glaubwürdig zu begleiten. Die Kommunikation rund um das Update war erneut holprig, viele Details kamen erst nach und nach ans Licht. Statt einer klaren Roadmap gab es vage Versprechen, „das Spielgefühl zu verbessern“. Die Folge: Verunsicherung.
Und doch steckt in der Änderung auch eine Chance. Wenn Niantic es schafft, die Belohnungen fair zu gestalten und technische Probleme zu beseitigen, könnte das Level-Update tatsächlich den erhofften neuen Auftrieb bringen. Denn das Grundprinzip des Spiels – gemeinsam draußen sein, Pokémon fangen, Orte entdecken – funktioniert nach wie vor. Nur das Drumherum muss wieder stimmen.
Zwischen Ärger und Aufbruchsstimmung
Die Anpassung des Level-Systems zeigt exemplarisch, wie empfindlich das Gleichgewicht zwischen Fortschritt und Frust in einem langlaufenden Spiel sein kann. Für einige fühlt sich das neue System wie eine Entwertung an, für andere ist es die ersehnte Frischzellenkur. Entscheidend wird sein, ob Niantic die Kritik ernst nimmt – und ob das Team diesmal wirklich aus seinen Fehlern lernt.
Denn so sehr die Community schimpft: Am Ende werden die meisten trotzdem weiterspielen. Die Jagd nach dem nächsten Level, nach dem nächsten seltenen Pokémon – sie hat längst wieder begonnen.
